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Auszug
aus der Patentschrift von Francis Melvin Rogallo
1948 / 1951 Rogallo arbeitete als junger Ingenieur innerhalb der NACA-Windkanäle (Vorläufer der NASA) an der
Optimierung von Fallschirmen. Mit der Idee der
gänzlich flexiblen Tragfläche, die - im Gegensatz
zum Fallschirm – auch gleiten kann bereitete er den
Weg zur Entwicklung des heutigen Drachen- und
Gleitschirmfliegens. |
Francis
Rogallo bei Forschungsarbeiten im NASA-Windkanal
1959 Wernher von Braun, Technischer Direktor der NASA,
hatte von Rogallos Ideen erfahren und richtete ihm
in Langley (USA) eine eigene Abteilung zur
Erforschung seines Flügels ein. |
Halbstarrer
Rogalloflügel mit dem Modell einer Raketenstufe 1961 Die NASA wollte mit Hilfe des Rogallflügels
ausgebrannte Raketenstufen (Booster) sicher auf die
Erde zurückbringen, um sie wiederverwenden zu
können. Ein aufwendiges und kostspieliges
Forschungsprogramm wurde gestartet. |
Rogalloflügel
mit Geminikapsel 1965 Im Geminiprogramm sollten Astronauten und Technik
auf die Mondlandung (Apollo) vorbereitet werden.
Rogallo konnte beweisen, dass seine Flügel auch
tonnenschwere Lasten tragen würden. Er und sein Team
hofften, dass die NASA nicht mehr auf den Fallschirm
setzen würde, sondern auf sein Rückführungssystem. |


Militärischer
Versuchsträger im NASA-Windkanal 1967 Obwohl offiziell immer bestritten führte die NASA
auch für das Militär geheime Forschungsprojekte
durch. Dieser Rogalloflügel transportierte ein
hochsensibles Messgerät durch die unteren Schichten
der Atmosphäre, mit dem nach einem Atomschlag die
Emission gemessen werden sollte. |
Francis
Melvin Rogallo kurz vor seinem Abschied von der NASA
1972 Nachdem sich die NASA beim Apollo-Projekt auf Druck
der NAVY letztendlich doch für den konventionellen
Fallschirm und gegen das funktionsfähige
Rogallo-Rückführungssystem entschieden hatte ging
Rogallo enttäuscht in den vorzeitigen Ruhestand. Mit
der Entwicklung des Space-Shuttle war ohnehin kein
Bedarf mehr für Raketen-Rückführungssysteme. |
Bob
und Chris Wills (USA) um 1963 Bambus, Klebestreifen und Cellophan. So ähnlich sah
der Bambus-Rogallo von Barry Hill Palmer aus, mit
dem er 1961 zum ersten Drachenflieger der Welt
wurde. Es war die Zeit der „Flower-Power-Ära“, und
das Drachenfliegen passte in das neue Lebensgefühl
einer ganzen Generation. „Low and Slow“ – „langsam
und tief“ war das damalige Motto. Fliege nie höher
als Du fallen willst. |
Reinhold
Schmidt aus Oberhessen mit einem selbstkonstruierten
Bambus-Rogallogleiter 1965 Die Brüder Reinhold und Werner waren Mitte der
sechziger Jahre durch einen Rogallo-Lastensegler der
Firma Dornier (D) auf die Idee gekommen, einen
bemannten Gleiter zu bauen. Erstaunlicherweise
benutzten sie die gleichen Materialien Bambus und
Cellophan wie die Amerikaner, ohne von deren
Aktivitäten zu wissen. |
Richard
Miller (USA) mit seinem Bamboo-Butterfly 1966 Miller hatte in einem Fliegerjournal angeboten,
interessierten Lesern einen Bauplan zuzusenden. Das
Leserecho war so gewaltig, dass die Redaktion in
wenigen Tagen von mehreren tausend Anfragen
überschwemmt und beinahe lahmgelegt wurde. |
Wolfgang
Schwarzbauer aus Schliersee 1972 Der Extrem-Alpinist hatte in einer
Technikerzeitschrift das Foto eines amerikanischen
Drachenfliegers gesehen. Er vermaß den Gleiter auf
dem Foto und konstruierte nur nach diesem Bild
mehrere Rogallo-Drachen. Das Fliegen brachte er sich
auf abenteuerliche Weise autodidaktisch bei.
Schwarzbauer beflog noch vor Mike Harker mehrere
Alpengipfel seiner Heimat. |
Rogallo-Gleiter
während der Weltmeisterschaft in Kössen 1975 Mit diesen einfachen Konstruktionen begann der
Siegeszug des Drachenfliegens. Und schon bald wagten
sich die ersten Piloten in die Turbulenzen einer
hochsommerlichen Thermik. Nur wenige wussten, dass
die Aerodynamik und Statik dieser Konstruktionen
teilweise lebensgefährlich war. Nach den ersten
Unfällen begann die fieberhafte Suche nach den
Ursachen |
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Geschichte des Drachenfliegens
Der Urvater des
Menschenflugs, Otto Lilienthal, flog im Sommer 1891 von
einem Übungshang in Derwitz bei Potsdam zum ersten Mal mit
einer Flugmaschine schwerer als Luft. Er wurde zum ersten
Hängegleiterpiloten der Welt.
Die Entwicklung
des heutigen Drachenfliegens begann mit der genialen
Erfindung des NASA- Ingenieurs Francis Melvin Rogallo (geb.
27. Januar 1912).
Rogallo hatte
als junger Luft- und Raumfahrtingenieur während des 2.
Weltkriegs innerhalb der NACA-Windkanäle (später wurde
daraus die NASA) an der Optimierung neuer Flugzeugprojekte
gearbeitet. Kurz nach dem Krieg suchte er nach einer
einfachen und preiswerten Tragfläche, um dem durch die
wirtschaftliche Rezession eingeschränkten Luftsport neue
Impulse zu geben. Zuerst dachte er an einen einfachen Flügel
wie ein Bootssegel, aber dann brachten ihn
Forschungsarbeiten an Fallschirmen auf die Idee, eine
gänzlich flexible Tragfläche aus Stoff zu konstruieren.
Selbst in der Natur finden sich keine Beispiele für einen
solchen Flügel. 1948 hatten er und seine Frau Gertrude aus
einem quadratischen Stück Stoff ein Fluggerät konstruiert,
das sowohl an der Schnur gefesselt als auch frei fliegen
konnte. 1951 wurde ihnen das Patent erteilt, aber niemand
hatte Interesse an dieser Idee.
Die Rogallos
hatten schon über zehn Jahre lang ihre Kinderdrachen
verkauft, als sich der deutsche Raketenfachmann und
Technische Direktor der NASA, Wernher von Braun, für
Rogallos Fläche interessierte. Die NASA wollte mit
halbstarren Rogallo-Flügeln die ausgebrannten Raketenstufen
sicher auf die Erde zurückbringen. Rogallo bekam in
kürzester Zeit innerhalb der NASA eine eigene Abteilung zur
Weiterentwicklung seiner Tragfläche. Auch das Militär war
mit geheimen Forschungsprojekten an der Entwicklung
beteiligt. Ab dem Ende der fünfziger Jahre wurden in den
folgenden zehn Jahren unzählige Varianten im Windkanal und
im realen Einsatz auf ihre Tauglichkeit überprüft.
Neben den
halbstarren Konstruktionen wurden Mitte der sechziger Jahre
endlich auch flexible Flächen (Gleitschirme) getestet, wie
sie Rogallo schon immer als eigentliches Ziel seiner Arbeit
gesehen hatte. Die größten Konstruktionen trugen Lasten von
mehr als drei Tonnen. Damit wären sogar die Raumkapseln des
Apollo-Mondlandeprogramms transportierbar gewesen. Aber die
politische Entscheidung fiel innerhalb der NASA gegen die
Rogallo-Gleitschirme und für den Fallschirm. Enttäuscht ging
Francis Rogallo Anfang der siebziger Jahre in den
vorzeitigen Ruhestand, aber seine Idee lebte in der zaghaft
beginnenden Bewegung des Drachenfliegens weiter.
Nach Fotos des
halbstarren Rogallo-Flügels konstruierte der junge
Amerikaner Barry Hill Palmer 1961 aus Bambus und Cellophan
seinen ersten Hängegleiter. Er wurde damit zum ersten
Drachenflieger der Welt.
Mitte der
sechziger Jahre fand dieser neue Luftsport besonders in den
Küstenregionen der USA immer mehr Freunde und passte in das
Lebensgefühl der "Flower-Power-Bewegung". Wichtige Impulse
gaben in dieser Zeit die Kalifornier Dave Kilbourne, die
Brüder Wills und Richard Miller, der als erster einen
Bauplan für seinen Bamboo-Butterfly herausgab. Der Pilot
hing dabei nur mit den Oberarmen auf parallel angebrachten
Bambusstangen und steuerte durch das Verlagern seiner Beine.
Ende der
sechziger Jahre wurden modernere Werkstoffe eingesetzt, und
die Geräte bekamen mit der Erfindung des Steuerbügels durch
den Australier John Dickenson die entscheidende Verbesserung
in der Steuertechnik .
Die Australier
Bill Moyes und Bill Bennett, Freunde von John Dickenson,
erkannten und nutzten die Vorteile des Steuerbügels und
brachten mit ihren Flugshows das Drachenfliegen in fast alle
Erdteile. Bill Bennett engagierte sich verstärkt in Amerika,
Bill Moyes stellte das Drachenfliegen erstmals in Europa vor
- allerdings ohne nachhaltiges Medienecho.
Zuvor hatten in
Deutschland die Brüder Reinhold und Werner Schmidt aus
Oberhessen mit selbstkonstruierten Bambus-Rogallodrachen
erste Hüpfer gemacht (1965), und im bayerischen Schliersee
war Wolfgang Schwarzbauer seit 1971 von den heimischen
Bergen gesegelt - ebenfalls nur von der Lokalpresse
beachtet.
Dies änderte
sich schlagartig, als 1973 der junge Kalifornier Mike Harker
spektakulär von der Zugspitze flog und einen beachtlichen
Medienrummel auslöste.
Mike Harker
gründete kurz darauf in der Schweiz und in Deutschland die
ersten Drachenflugschulen und wurde damit zur Keimzelle des
Drachenfliegens in Europa.
Der Siegeszug
des Drachenfliegens war nun nicht mehr aufzuhalten und
erreichte seinen ersten Höhepunkte mit den beiden
aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften im österreichischen
Kössen 1975 (inoffiziell) und 1976 (offiziell). |